Teil 10:
13.8.03: Um 5:55 weckt mich meine innere Uhr. Zeit für den Gang in den Waschraum, um Cappu-Wasser zu holen. Es ist noch nichts auf dem Platz los, als ich wieder im Portal meiner Behausung sitze. Klar, alle machen schön Urlaub und schlafen dementsprechend lange; ich könnte mir nicht vorstellen - zumindest nicht bei der Wetterlage -, um halb acht noch im Zelt zu liegen, wenn die mittlerweile stark über den Horizont gekrochene Sonne es schon wieder aufgeheizt hat. Die
Kette meines Bikes hätte eigentlich mal wieder einen Ölfilm verdient. Sie gab gestern nämlich dezente Geräusche von sich. Nicht bedenklich, aber ich mag es nicht. Und diesmal habe ich endlich Öl und Pinsel dabei, wiegt schließlich auch nichts und nimmt in der Lenkertasche kaum Platz weg. Wie die CDs.
Nachdem ich die
Kette dünn eingestrichen habe, widme ich mich ein wenig der heutigen Etappe. Immerhin bin ich jetzt ja in meiner Karte drin und werde es auch bis Ludwigsburg bleiben, wenn nicht...nein, dann könnte man mir ja vorsätzliches Sich-verfahren vorwerfen. Mann, wie bin ich denn ´99 gefahren? Als Orientierungshilfe diente damals ein in den PC eingescannter, im Grafik-Programm von mir mit einigen Gags versehener und auf DIN A4 ausgedruckter Kartenausschnitt aus einem Dierke-Schulatlas von 1971. Die Gags führten jedoch nur zu mittelschweren Fehleinschätzungen bezüglich der Entfernungen zwischen den Städten (,,Hey, ich bin ja schonn in Woams ! Ach, datt is´ ja datt falsche Woams.‘‘). Mit den Verfahrern in Mainz und später in Mannheim hatten die aber nix zu tun.
Ja, Mannheim. Bis in diese Gegend gedachte ich heute vorzudringen. Nur der Campingplatz von ´99 in Mannheim-Seckenheim muß es nicht unbedingt sein. Zu meinem Bedauern kann ich auf der Karte erkennen, daß der nächste Campingplatz erst zwischen Heidelberg und Neckargemünd liegt. Das würde einen heftigen Tagesritt bedeuten - 150 km oder mehr. Normalerweise kein Thema, wenn ich mich heute nicht auch noch darum kümmern müßte, meinen Proviant etwas aufzufrischen. Einkäufe kosten Zeit. Und bei mir besonders viel Zeit, weil ich nicht nur von der eigentlichen Route abweichen muß, um einen Supermarkt zu suchen, sondern den korrekten Kurs schließlich auch wiederfinden muß.
Ach, was soll ich mir jetzt schon Gedanken über das Lager der kommenden Nacht machen ?! Während ich meinen Kram packe, kommt langsam Leben auf den Platz. Ich gehe ´rüber zum Zelt von Matthias & Janine, um meine CDs zu holen. Wenig später taucht Matthias auf und gibt mir die zweite TESLA-CD, die noch in der Anlage war. Wir quatschen noch etwas und beim Abschied meint er:,,Echt, am liebsten würd´ ich mitfahr´n.‘‘ - Sollte ich gestern abend etwa Fernweh geweckt haben ?! Ich bedanke mich noch einmal für den kurzweiligen Abend - on the road freut man sich über Dinge, die einem sonst selbstverständlich erscheinen - und rolle vom Platz. Nicht jedoch, ohne am Rezeptionskiosk meine Duschmarken zurückgetauscht zu haben, denn selbstverständlich habe ich gestern zum Kaltduschen keine Marken gebraucht.
Okay, noch fahre ich die Strecke, die ich ´02 mit Konni und Ernst auch gefahren bin, aber bereits in Klein- und Groß- und Haupt-Ingelheim ist der Ofen wieder aus. Ich packe diese Gelegenheit beim Schopfe und besuche einen Edeka-Markt, der am Irrweg liegt. Am Obst-/Gemüsestand sehe ich Bananen und denke:,,Banaaanen ! Klar, die nehm´ ich, da kann ich ernährungstechnisch nix falsch machen..‘‘ - Ich drücke die Warentaste, lege die drei Bananen auf die Elektronikwaage - und bemerke erst dann, daß kein Papier für den Gewichts-/Preisaufdruck im Gerät ist. Die Kassiererin sagt mir, ich solle die Bananen an der Käsetheke wiegen lassen.
KÄÄÄSE ! Genau, ein knappes halbes Kilo Allgäuer nehme ich auch noch mit. Und ´ne Packung Schoko-Muffins kann ebenfalls nicht verkehrt sein, als Schmankerl für später vor´m Zelt. Mit einem Zwei-Liter-Tetrapack Eistee ist der Einkauf komplett und ich verlasse den Laden. Draußen ziehe ich mir schon mal eine Banane ´rein und rauche danach eine Zigarette. Und frage während dessen einen älteren Herrn nach dem Weg zum Rhein. Er ist so einfach zu finden, daß ich mich tatsächlich nicht verfranse und sogar den kleinen Kiosk wiederfinde, an dem wir uns ´02 ein paar Snacks gekauft haben.
Gruise, Paule